Hildegard Schmidt

Wahrscheinlich wundern Sie sich: Warum muss denn nun Hildegard Schmidt vorgestellt werden, die doch alle kennen? Anlass ist ihr 25jähriges Dienstjubiläum, das sie unbemerkt von uns am 1. September feiern konnte. Und meine Neugier. Wie wird man eigentlich so etwas wie Pastoralreferentin? Was bringt einen auf die Idee, sich in den Dienst der Kirche zu stellen, was bewegt einen? Und weil ich meine, dass das nicht nur meine individuelle Neugier ist, sondern von Interesse für uns alle, habe ich sie gebeten, selbst etwas dazu zu sagen, das Sie hier im folgenden lesen können.
Aber zunächst erst mal:

 

Unsere herzlichsten Glückwünsche - und vielen, vielen Dank für alles!

 

Aufgewachsen bin ich in einer "selbstverständlich" religiösen Familie. Es wurde morgens und abends und zu den Mahlzeiten gebetet, und sonntags ging man in die Kirche. Mir schien es immer als Selbstverständlichkeit, ich hatte keine kritische Nachfrage. Meine Eltern, insbesondere meine Mutter, hatte die Gabe, uns zu vermitteln, dass der Glaube an Gott wichtig und unverzichtbar sei, ohne es eigens zu verbalisieren.

Im Laufe meiner Schulzeit wuchs mein Interesse an Religion und Theologie, aber auch meine Zweifel und Kritik wuchsen. Mein Vater träumte von einer gehobenen Banklaufbahn für mich, und ich wusste eines ganz bestimmt, dass dies weder für mich noch für die Bank gut sei.

Über meine Religionslehrerin, mit der ich immer Stress hatte, weil sie aus meiner Sicht immer alles so selbstverständlich nahm, hätte ich von dem Studiengang der Religionspädagogik an der Kath.Universität Eichstädt. Was auch immer mich wirklich bewogen hat, mich dort zu bewerben, weiß ich wirklich nicht und wusste ich damals auch nicht. Vielleicht war es so etwas wie Berufung? Mutig (was ich sonst gar nicht war) bewarb ich mich dort, ohne das Wissen meiner Eltern. Ich wurde angenommen, und meine Eltern trugen es mit Fassung. Das Studium hat mich zwar im Anfang in große Glaubenszweifel geworfen, aber gerade diese Zweifel brachten mich dahin, weiterzumachen und dem, was Jesus in seiner Botschaft weitergeben wollte, nachzugehen.1977 begann ich meine Arbeit als Gemeindereferentin in einer Aachener Innenstadtgemeinde und einer Grund-und Hauptschule. Dieser Berufsstand war damals erst 2 Jahre alt, und eigentlich wusste niemand, was ich eigentlich war; man erfand das Wort "Kaplanesse", was mich aber nicht sehr erfreute. Ich sah meine Aufgabe darin, vor allem Kinder und Jugendliche für die Sache Jesu zu begeistern und nicht, mich mit Amtsinhabern zu messen.

1993 - 97 habe ich, weil es mich eben so reizte, noch tiefer in die Theologie zu schauen, neben meiner Arbeit in zwei Landgemeinden, an der Friedrich-Wilhelm-Universität in Bonn Theologie studiert. Enttäuscht war ich immer von diesem Konkurrenzkampf zwischen den Laienberufen Gemeinde- und Pastoralreferenten und auch zwischen ihnen und den Klerikern. Wir arbeiten gemeinsam an einer Sache, dem Aufbau des Reiches Gottes, und sehen uns oftmals in Konkurrenz zueinander! Vieles kann man an der Kirche kritisieren, obwohl viel Gutes oft übersehen wird, aber ich denke, es ist einfach wichtig, religiöse Werte, authentisches Handeln und Glauben weiterzugeben, deshalb tue ich diesen Dienst in dieser Kirche, denn nirgendwo sonst habe ich so die Möglichkeit.

Höhepunkte meines beruflichen Lebens sind immer dann, wenn ich merke, dass die kleinen Samenkörnchen, die ich versucht habe zu legen, doch ganz langsam anfangen zu keimen, wenn ich erlebe, dass Glaube lebt. Hier in unsere Gemeinde St. Michael in Tokyo erlebe ich immer wieder Situationen des Miteinander Glaubens, die mich ermutigen. Ich glaube und hoffe und bete für unsere Familien, Kinder und Jugendlichen, dass die so verbreitete Perspektivelosigkeit und Resignation, die manchmal zu spüren ist, von der Botschaft Jesu aufgefangen wird. Dafür möchte ich alles tun.

Hildegard Schmidt

 

Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen.

Oder doch, das eine: Wir spüren aus diesen Zeilen, was die Autorin in ihrem Understatement unterschlägt: Dass sie mit Leib und Seele, mit ganzen Herzen und ohne Wenn und Aber diesen Dienst tut, aus Liebe zu Gott und den Menschen, als ein großes Glaubensvorbild für uns, und das muss mal gesagt werden!

Und ein zweites: Um mit ihr zu feiern und ein bisschen unseren Dank auszudrücken, werden wir am 20. Oktober im Garten des Schwesternhauses einen kleinen Sektempfang veranstalten. Mitfeiernde und Gratulanten in großer Zahl sind herzlich willkommen!

 

Das Interview führte Barbara Peters im Oktober 2002.

 

 

 


 

Zuletzt geändert am 01.11.2009