Impuls zum Sonntag – Worte, die berühren

Jeder Sonntag ist ein neuer Anfang. In der Liturgie, im Evangelium, in der Begegnung mit Gott und miteinander liegt ein Moment der Tiefe – ein Ruf, innezuhalten und sich neu auszurichten.

 

Unsere „Impulse zum Sonntag“ möchten diesen Moment begleiten: mit kurzen geistlichen Gedanken, mit Fragen, die nachklingen, mit Bildern, die Herz und Verstand berühren. Sie sind kein Kommentar, keine Predigt – sondern eine Einladung, das Wort Gottes in das eigene Leben hineinzuhören.

 

Wie der erste Lichtstrahl, der durch das Shoji-Papier fällt und den Raum still erhellt, so möchten unsere Impulse Lichtpunkte setzen – leise, klar, offen für das, was kommt.

 

Ob Sie regelmäßig mitlesen oder nur gelegentlich vorbeischauen: Wir freuen uns, wenn Sie sich inspirieren lassen. Denn manchmal genügt ein Satz, um den Tag anders zu beginnen.


28. Sonntag im Jahreskreis (C) - 12. Oktober 2025 - Erntedank

Liebe Freunde von St. Michael!

 

„Am Rand stehen zehn Männer, ausgeschlossen, verletzt, voller Hoffnung. Sie rufen nach Erbarmen, und Jesus hört sie. Er schickt sie los – und auf dem Weg geschieht Heilung. Doch nur einer kehrt zurück, fällt nieder, dankt laut. Er ist ein Fremder, und doch erkennt er, was geschehen ist. Dankbarkeit wird hier zur Bewegung: vom Rand zur Mitte, vom Empfang zum Erkennen, vom Geschenk zur Beziehung.

 

Am heutigen Sonntag feiern wir in St. Michael das Erntedankfest – gemeinsam, bunt, mit Kindern und Familien. Im Familiengottesdienst bringen wir Früchte, Gedanken, Gebete – und wir bringen unsere Bitte: um Spenden für die Kinderkantine in Meguro, die Kindern in schwierigen Lebenslagen eine warme Mahlzeit und ein Stück Geborgenheit schenkt (siehe dazu auch die Ankündigung).

 

Erntedank ist nicht nur das Staunen über Fülle, sondern das bewusste Zurückkehren zur Quelle. Nicht nur das Sammeln der Früchte, sondern das Öffnen des Herzens. In der Dankbarkeit liegt Heilung, nicht nur körperlich, sondern innerlich: Wer erkennt, was ihm geschenkt ist, wird verwandelt. Vielleicht ist dieser Sonntag eine Einladung, selbst zurückzukehren – nicht aus Pflicht, sondern aus Freude. Nicht, weil wir müssen, sondern weil wir sehen. Und weil wir danken wollen. Denn im Danken liegt Segen. Im Danken liegt Beziehung. Im Danken liegt Leben.

 

Ihr und euer Pfarrer Mirco Quint.


27. Sonntag im Jahreskreis (C) - 5. Oktober 2025

Liebe Freunde von St. Michael!

 

„Stärke unseren Glauben!“ – so bitten die Jünger. Doch Jesu Antwort ist kein sanftes Streicheln, sondern ein Weckruf: Wenn euer Glaube nur so groß wäre wie ein Senfkorn… Dann würde selbst der tief verwurzelte Maulbeerbaum sich ins Meer verpflanzen lassen.

 

Ein Senfkorn – winzig, unscheinbar, leicht zu übersehen. Und doch: In ihm steckt ein Potential, das Grenzen sprengt. Glaube ist nicht Leistung, sondern Vertrauen. Nicht Besitz, sondern Bewegung. Nicht Stolz, sondern Dienst.

 

Jesus erzählt weiter vom Knecht, der treu seine Pflicht erfüllt, ohne Dank zu erwarten. Ein unbequemes Bild – und doch ein heilendes: Es befreit vom Zwang, sich selbst zu beweisen. Es lädt ein, einfach zu sein. Zu dienen. Zu glauben, dass im Kleinen das Große wächst.

 

Vielleicht ist dieser Sonntag eine Einladung, das Senfkorn in uns neu zu entdecken. Nicht zu fragen: Wie groß ist mein Glaube? – sondern: Bin ich bereit, ihm Raum zu geben? Bereit, zu dienen, ohne zu rechnen? Bereit, zu vertrauen, dass Gott selbst das Wachstum schenkt?

 

Ihr und euer Pfarrer Mirco Quint.


Hl. Erzengel Michael - Patronatsfest unserer Pfarrei - 28. September 2025

Liebe Freunde von St. Michael!

 

日々是好日 – Jeder Tag ist ein guter Tag. Dieses Zen-Wort lädt uns ein, jeden Tag als Geschenk zu empfangen – nicht nur die leichten, sondern auch die herausfordernden. Es ist eine Haltung der Dankbarkeit, der Achtsamkeit, der inneren Offenheit. Besonders an Tagen, an denen wir innehalten und feiern, wird spürbar, was uns trägt und verbindet.

 

An Sonntag, dem 28. September 2025, feiern wir das Patronatsfest unseres Kirchenpatrons: den Heiligen Erzengel Michael. Michael ist mehr als ein himmlischer Streiter. Er ist Patron der Deutschen – seit der Schlacht auf dem Lechfeld im Jahr 955, als König Otto I. unter seinem Banner siegte. Und er ist auch Patron Japans, wo seine Verehrung in der katholischen Kirche lebendig ist. In ihm begegnen sich Kulturen, Zeiten und geistliche Sehnsucht: nach Schutz, nach Klarheit, nach dem Sieg des Guten.

 

Vielleicht ist das die Einladung dieses Festes: den eigenen Alltag unter Michaels Banner zu stellen. Nicht mit Kampfeslust, sondern mit Vertrauen. Nicht mit Macht, sondern mit dem Mut zur Wahrheit. Nicht mit Angst, sondern mit der Gewissheit, dass Gottes Licht stärker ist als jede Dunkelheit.

 

Möge dieser Tag ein „好日“ sein – ein guter Tag, getragen von Segen und Gemeinschaft.

 

Ihr und euer Pfarrer Mirco Quint.


25. Sonntag im Jahreskreis (C) - 21. September 2025

Liebe Freunde von St. Michael!

 

„Was höre ich über dich? Leg Rechenschaft ab über deine Verwaltung!“ – Lukas 16,2

Die Lesungen dieses Sonntags sind ein Weckruf. Der Prophet Amos prangert eine Gesellschaft an, in der wirtschaftliche Interessen über Gerechtigkeit triumphieren. Er entlarvt die Mächtigen, die mit gefälschten Gewichten handeln und die Armen für ein Paar Sandalen verkaufen. Paulus ruft dennoch dazu auf, für alle Menschen zu beten – auch für die Herrschenden – denn Gott will, dass alle zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen.

 

Jesus erzählt vom ungerechten Verwalter, der sich mit List einen Platz in der Zukunft sichert. Ein Gleichnis, das irritiert – und doch herausfordert: Wie gehen wir mit dem anvertrauten Gut um? Mit Geld, Einfluss, Zeit? Sind wir klug im Sinne des Evangeliums?

 

Der Sonntag lädt uns ein, Verantwortung zu übernehmen – nicht nur für unser eigenes Leben, sondern auch für die Strukturen, in denen wir leben. Gerechtigkeit beginnt dort, wo wir nicht wegsehen, sondern handeln. Und wo wir uns fragen: Wie kann ich mit dem, was mir gegeben ist, zum Segen für andere werden?

 

Am heutigen Wochenende feiern wir die Hl. Messe am Samstagabend, um 19.00 Uhr. Am Sonntag wird es ausnahmsweise keine Hl. Messe in St. Michael geben. 

 

Ihr und euer Pfarrer Mirco Quint.


Fest Kreuzerhöhung - 14. September 2025

Liebe Freunde von St. Michael!

 

Das Kreuz – für viele ein alltägliches Symbol, für uns Christen das Herz unseres Glaubens. Am Fest der Kreuzerhöhung blicken wir nicht auf ein Folterinstrument, sondern auf das Zeichen der größten Liebe: 

„Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat.“ (Joh 3,16)

 

Das Kreuz erinnert uns daran, dass Gott sich nicht von Leid, Schuld oder Tod abhalten lässt, uns nahe zu sein. Es ist nicht das Ende, sondern der Durchgang zum Leben. Wo wir in unserem Alltag Schweres tragen, dürfen wir wissen: Christus trägt mit. Und wo wir am Kreuz festhalten, werden wir – wie er – zur Auferstehung geführt.

 

Gedanke für die Woche: Vielleicht können wir in den kommenden Tagen bewusst ein Kreuzzeichen machen – nicht aus Gewohnheit, sondern als Bekenntnis: „Herr, ich vertraue dir – mitten in meinem Leben, mit allem, was es trägt.“

 

Ihr und euer Pfarrer Mirco Quint.


23. Sonntag im Jahreskreis (C) - 7. September 2025

Liebe Freunde von St. Michael!

 

Was kostet mich mein Glaube?

 

Jesus spricht von Nachfolge – und davon, dass sie etwas kostet. Nicht Geld, sondern Herz, Haltung und manchmal auch Mut. Er fordert uns auf, zu rechnen: Bin ich bereit, diesen Weg zu gehen, auch wenn er unbequem wird?

 

In einer Welt, die auf Effizienz, Erfolg und Selbstoptimierung setzt, wirkt Jesu Einladung fast wie ein Widerspruch. Er ruft nicht zur Selbstverwirklichung, sondern zur Selbsthingabe. Nicht zum schnellen Glück, sondern zur tiefen Treue.

 

Vielleicht ist dieser Sonntag eine Einladung, ehrlich zu fragen: Was bin ich bereit zu investieren – an Zeit, Vertrauen, Liebe – damit mein Glaube nicht nur Theorie bleibt, sondern gelebte Wirklichkeit wird?

 

Denn echte Nachfolge beginnt nicht erst im großen Drama, sondern im kleinen Alltag: 

  • Beim Zuhören, wo andere schweigen. 
  • Beim Teilen, wo andere festhalten. 
  • Beim Bleiben, wo andere gehen.

Ihr und euer Pfarrer Mirco Quint.


22. Sonntag im Jahreskreis (C) - 31. August 2025

Liebe Freunde von St. Michael!

 

„Mein Kind, bei all deinem Tun bleibe bescheiden, dann wirst du geliebt von allen Menschen.“ (Sir 3,17)

 

Demut ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von innerer Stärke. Sie ist die Haltung derer, die wissen, dass Größe nicht darin liegt, sich aufzublähen, sondern darin, sich zu öffnen – für den anderen, für das Leben, für Gott.

 

Der alttestamentliche Prophet Jesus Sirach spricht nicht von falscher Bescheidenheit, sondern von einer Haltung, die aus der Tiefe kommt. Wer demütig ist, hört besser, sieht klarer, urteilt milder. Die Demut macht uns durchlässig für das, was größer ist als wir selbst – für Weisheit, für Liebe, für Gnade.

 

In einer Welt, die oft laut ist und nach Aufmerksamkeit strebt, ist Demut wie ein stiller Garten. Sie lädt ein, innezuhalten, sich selbst nicht zu wichtig zu nehmen – und gerade darin wichtig zu werden für andere.

 

Vielleicht ist das unsere Einladung in dieser Woche: nicht höher zu steigen, sondern tiefer zu schauen. Nicht zu herrschen, sondern zu dienen. Nicht zu glänzen, sondern zu leuchten – aus einer Quelle, die nicht uns selbst gehört.

 

Ihr und euer Pfarrer Mirco Quint.


21. Sonntag im Jahreskreis (C)  - 24. August 2025

Liebe Freunde von St. Michael!

 

„Durch das enge Tor“ – Einladung zur Entscheidung

 

Jesus spricht heute von einem Tor, das eng ist. Kein bequemes Durchschlendern, kein automatischer Eintritt. Es braucht Einsatz, Entscheidung, Bereitschaft. Das klingt herausfordernd – und ist es auch. Aber es ist keine Drohung, sondern eine Einladung.

 

Die enge Tür steht für den Weg der Liebe, der Wahrheit, der Hingabe. Sie ist eng, weil sie nicht mit Egoismus, Gleichgültigkeit oder Bequemlichkeit kompatibel ist. Wer hindurch will, muss Ballast abwerfen: Groll, Stolz, Trägheit. Das ist unbequem – aber befreiend.

 

Jesus ruft uns nicht zur Angst, sondern zur Wachheit. Er sagt: „Viele werden versuchen hineinzukommen, aber es wird ihnen nicht gelingen.“ Nicht, weil Gott sie ausschließt, sondern weil sie sich selbst nicht auf den Weg machen. Der Himmel ist kein Ort für Zuschauer, sondern für Mitgehende.

 

Vielleicht ist dieser Sonntag eine gute Gelegenheit, sich zu fragen: Was hindert mich, durch das enge Tor zu gehen? Was darf ich loslassen, um freier zu werden für Gottes Nähe?

 

Die Tür ist offen. Aber sie wartet auf unsere Entscheidung.

 

Ihr und euer Pfarrer Mirco Quint.